Frage des Monats vom Mai 2016
? Das Diakonische Werk Hochtaunus startete am Samstag den 30.04.2016 in Wiesbaden eine hessenweite Aufklärungskampagne zum Thema „Epilepsie braucht Offenheit“. In 12 hessischen Städten wollen wir die Bevölkerung über die chronische Erkrankung Epilepsie informieren und aufklären. Hintergrund der Aktion ist, dass viele Betroffene von den Reaktionen des Umfeldes stärker belastet sind als von den Anfällen selbst. Was schreibt Frau Anja Zeipelt zum Thema „Aufklärung bei Epilepsie“?
Anja Zeipelt Anja Zeipelt
Epilepsiebotschafterin

Anja Zeipelt ist selbst von Epilepsie betroffen und schreibt dazu auf ihrer Website www.epi-on-board.de:

In unserer heutigen Zeit fordern immer mehr Menschen nach Aufklärung über alle möglichen Dinge. Aufklärung über misshandelte Tiere, Aufklärung über Aids, über das Waldsterben, über Brustkrebs, Missbrauch u.s.w..
 
Jeder einzelne dieser Aufklärungskampagnen ist so unglaublich wichtig und nur diesen Aktionen haben wir es zu verdanken, dass Menschen mehr aufeinander achten, Tiere schützen und umweltbewusster denken.
 
Auch im Bereich der Epilepsie werden immer Stimmen da sein, die sich über die Tabus bei diesem Thema beschweren und mehr Aufklärungsarbeit fordern. Doch, Hand aufs Herz, wer tut tatsächlich auch was dafür? In geschlossenen Foren, mehr Offenheit bei Epilepsie zu fordern ist einfach, doch absolut sinnlos, wenn man selbst nicht wagt Farbe zu bekennen.
Einige wenige Menschen setzen sich wie die Löwen für die Öffentlichkeitsarbeit bei Epilepsie ein, einige andere tun direkt an der Quelle etwas, also bei den Betroffenen oder deren Familien, aber wie sieht es bei den meisten anderen aus? Verlässt sich da nicht beinahe jeder auf den anderen?
 
Als mir die Idee für eine *Dachhomepage für Selbsthilfegruppen kam, ging ich gemeinsam mit meinem Gastschreiber Dieter Schmidt, mit Feuereifer an die Arbeit. Letzte Woche traf ich dann, bei anderer Gelegenheit, auf meinen Coautor, einen engagierten Arzt, der gerade für Epilepsiekranke übermenschliches leistet und der warnte mich, dass er sich gerne überraschen lassen würde, er aber nicht glaubt das die Leute sich dort engagieren. Zuviel Arbeit… Und tatsächlich muss er es ja wissen, seine Erfahrung ist wirklich enorm. Seitdem bin ich ins Grübeln geraten. Lohnt sich das alles wirklich? Sind die Leute bereit dazu? Werden sie helfen zu helfen?
 
Tatsächlich bin ich sehr gespannt auf die Reaktionen und die Mithilfe der einzelnen Institutionen. Von Kliniken, Ärzten u.s.w. würde man wahrscheinlich weniger Engagement zu erwarten wie von Menschen, die von Epilepsie betroffen sind. Interessanterweise ist aber das Gegenteil der Fall. Meines Erachtens nach müsste doch jeder Epilepsiebetroffene mehr Interesse daran haben, das über Epilepsie aufgeklärt wird als jeder andere. Das mit der Homepage ist aber nur ein einziges Beispiel dafür, das zeigen soll, wie es tatsächlich um die Eigeninitiative der Menschen bestellt ist.
 
Man sieht dieses Desinteresse überall. Auf Veranstaltungen für Epilepsiebetroffene, in Foren, ja eigentlich überall. Natürlich fragen sich irgendwann auch Menschen die sich bereits für die Epilepsieaufklärung engagieren ob sich das alles überhaupt lohnt. Ich lese von Leuten, die ihre Selbsthilfegruppe geschlossen haben, weil kein anderer mithelfen wollte, ich höre von Menschen die mehr oder weniger nur solange „gebraucht“ werden wie sie von Nutzen sind und wieder von anderen die sich nur solange einbringen wie es ihnen schlecht geht. Danach beginnt ein neues Leben. Auch das ist verständlich. Wer schon Jahre oder Jahrzehnte für die Epilepsieselbsthilfe aktiv war und endlich Land sieht, dem muss auch gestattet sein neue Wege einzuschlagen. Jedoch sollten die Menschen das, was sie erarbeitet haben, dann nicht einfach verkümmern lassen, sondern an andere Aktive weiter „vererben“. So ist nichts verloren und neue Mitstreiter müssen den mühsamen Weg des Aufbaus nicht von vorne beginnen. Die Realität sieht leider anders aus.
 
Ist auch das ein Grund warum immer weniger Menschen bereit sind sich für andere einzusetzen? Weil sie glauben, das alles sinnlos ist?
 
Warum auch immer Sie glauben etwas tun oder nicht tun zu müssen, ich wünsche mir viel mehr Mitstreiter für Öffentlichkeitsarbeit bei Epilepsie, mehr Menschen die es wagen sich zu outen oder einfach mal einen Link weiter verbreiten. Leute die anstatt zu jammern den berühmten Stier bei den Hörnern packen und etwas tun.
 
Wenn jeder einzelne nur ein klitzekleines bisschen helfen würde, dann hätte die Epilepsie bald den gleichen Erfolg wie andere Aufklärungskampagnen und jeder wüsste das Epilepsie eher mit intelligenten Menschen in Verbindung zu bringen ist als mit dem Gegenteil. Dann müssten sich erfolgreiche Menschen nicht mehr vor den Kollegen verstecken und Epilepsiekranke nicht mehr wegen Unwissenheit anderer vereinsamen.
Denn, gemeinsam sind wir stark – tun wir etwas für uns selbst – packen wir es an…
 
  Anja Daniel-Zeipelt

Frau Anja Zeipelt wird im Rahmen der Aufklärungskampagne „Epilepsie braucht Offenheit“ am 04.06.2016 ab 13.00 Uhr am Info-Pavillon in Weilburg (Marktplatz) für Fragen zur Verfügung stehen und anschließend einen Vortrag halten.

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